Sind wir noch bei Sinnen?
- infolebensereignis
- 24. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Advent – Zeit für be(i)sinnen?

Hast du gewusst, dass die Worte besinnen und Besinnung ursprünglich bedeuten, „zu sich selbst zu kommen“? Wenn die Tage kürzer werden und das Jahr leiser wird, sprechen viele vom Advent als Zeit des Innehaltens. Denn Advent ist die Zeit der Vorbereitung
auf das grosse Fest der Liebe – auf Weihnachten.
Es sollte eine besinnliche und ruhige Zeit sein, eine Zeit, in der wir zur Ruhe kommen, uns auf das Wesentliche besinnen. Doch gerade in dieser stillen Jahreszeit fällt es oft schwer, wirklich still zu werden. Nachrichten, Sorgen und die Unruhe der Welt drängen sich zwischen uns und die leisen Töne des Lebens.
Wenn ich das aktuelle Tagesgeschehen verfolge, frage ich mich oft ernsthaft: Sind wir Menschen denn noch bei Sinnen?
Wir wissen, dass es – etwa beim Klimawandel – längst nicht mehr fünf vor zwölf ist, sondern eher schon viertel nach. Und doch leben wir weiter, als wäre alles in bester Ordnung. Wälder brennen, Meere steigen, Arten verschwinden – und wir kaufen weiter ein, als könnten wir uns mit Konsum das Leben retten.
Wir rüsten auf, führen Kriege und lassen Menschen verhungern. Verurteilte Verbrecher werden in höchste Ämter gewählt, und Fakenews und Korruption gehören längst zum Alltag. Was sind das für Beispiele für unsere jüngeren Generationen?
Wir spüren die Ohnmacht, die Überforderung, die Hektik, das ständige Müssen – und statt uns zu besinnen, lenken wir uns noch mehr ab. Wir scrollen, posten, reagieren. Wir reden von
Achtsamkeit, während wir Termine jagen. Wir sehnen uns nach Stille, schaffen aber keine Räume, in denen sie Platz hätte.
Sind wir noch bei Sinnen – im wörtlichen Sinn?
Unsere Sinne – das Sehen, Hören, Riechen, Fühlen – sind Tore zur Welt. Durch sie erfahren wir Nähe, Schönheit und Verbundenheit. Doch sie sind empfindlich geworden in einer Zeit, in der Lärm, Tempo und Reizüberflutung zum Alltag gehören. Wir nehmen vieles wahr, aber nur wenig wirklich auf.
Wir sind nahe beim Advent. Ich stehe in der Küche und backe die ersten Weihnachtsguetzli – buchstäblich mit allen Sinnen.
Sich besinnen heisst, die Sinne wieder zu öffnen – für das, was ist. Für das Licht, das durch die grauen Wolken fällt. Für den Geruch von Weihnachtsguetzli, Kerzenwachs und Orangen. Für das Lachen eines Kindes oder ein leises Gespräch.
Vielleicht auch für den Schmerz über das, was auf der Welt geschieht, und für die Sehnsucht nach Frieden, die in uns allen wohnt.
Der Advent erinnert uns daran, dass Hoffnung oft im Kleinen beginnt. Vielleicht ist bei Sinnen sein heute genau das: nicht ohnmächtig wegsehen, nicht abstumpfen, sondern wach bleiben. Nicht alles hinnehmen, sondern im eigenen Umfeld Mitmenschlichkeit leben.
Denn, wenn wir uns besinnen, hören wir wieder den leisen Grundton des Lebens – jenen Klang, der uns miteinander und untereinander verbindet. Und vielleicht entdecken wir gerade darin ein Stück dessen, was Advent wirklich meint: Ankunft – nicht nur von Licht, sondern auch von Bewusstsein.
Wann hast du dich zuletzt besonnen – wirklich, mit allen Sinnen?
TIPP - Kleines Stilleritual zum 1. Advent
Zünde bewusst die 1. Kerze am Adventskranz, oder sonst eine Kerze an und gönne dir eine halbe Stunde Stille.
Atme ruhig ein und aus und lass deine Gedanken kommen und gehen.
Advent – Stille – Vorbereitung – Wesentliche – Achtsamkeit– Besinnung –Sehnsucht nach Frieden – Hoffnung – Mitmenschlichkeit
Geniesse, wenn du magst, eine Tasse Tee oder Kaffee dazu und vielleicht gönnst du dir auch ein paar Weihnachtsguetzli.
Ich wünsche dir und deinen Lieben einen frohen, besinnlichen und gesegneten 1. Advent!
Das Licht in der Dunkelheit
Wenn ich im Dunkeln bin
und keinem dafür die Schuld zuweise
wenn ich das Dunkel zulasse
und nicht davor fliehe
wenn ich das Dunkel aushalte
und dabei die Hoffnung nicht verliere
wenn ich das Dunkel lebe
und trotzdem die Liebe leben lasse
wenn ich das Dunkel achte
weil ich Teil des Dunkels bin
wenn ich mich in das Dunkel
hineinbegebe aus Mut zum Leben
dann leuchtet mitten im Dunkel
ein Licht das den Weg weist.
Andrea Schwarz



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